Aufhebung einer Erbengemeinschaft nach Jahrzehnten

03.03.2020

 

Erbengemeinschaften entstehen zwangsweise und von Rechts wegen

wenn ein/e Erblasser/in von mehreren Personen beerbt wird.

Häufig gibt es in Erbengemeinschaften Streit zwischen den Beteiligten.

Frage einer Zuschauerin auf meinem YouTube-Kanal nachlassbayern.de:

 

Erbengemeinschaft: Wie sieht es rechtlich nach Jahrzehnten aus, wenn ein Mitglied der Erbengemeinschaft austritt nachdem er sich um keinerlei Kosten und Reparaturen gekümmert hat? Muss die komplette Wertsteigerung ohne Abzug gezahlt werden und wie sieht es mit den vorhandenen Grundschulden aus?

 

Meine Antwort:

Eine Erbengemeinschaft wird sinnvollerweise kurz nach ihrem Entstehen "auseinandergesetzt".
D.h. die Miterben einigen sich über die Verteilung des Nachlassvermögens und beenden die Zwangsgemeinschaft.

Gleichwohl ist immer wieder zu beobachten, dass Erbengemeinschaften über Jahre, zum Teil Jahrzehnte bestehen. Dies ist häufig dann der Fall, wenn es sich um größere Immobilienvermögen handelt und die Erben sich nicht über die Aufteilung einigen können.

Ferner kann ein Grund für das Weiterbestehen der Erbengemeinschaft darin liegen, dass sich kein Miterbe verschulden will, um die weichenden Miterben entsprechend deren Anteilen auszuzahlen.

Allerdings wird das Problem der Erbauseinandersetzung dadurch nicht gelöst, sondern nur verschoben.

Wenn dann einer der Miterben - wie in der Frage der YouTube-Zuschauerin - nach Jahrzehnten ausscheiden will, steht ihm eine Abfindung in Höhe seines Erbanteils an der Erbengemeinschaft zu.

Dazu muss das Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft zum Stichtag des Ausscheidens des auseinandersetzungswilligen Miterben bewertet werden.

Sofern sich Grundstücke im Nachlass befinden, können diese freilich im Laufe der Jahre des Bestehens der Erbengemeinschaft deutlich an Wert gewonnen haben. An diesem Wertzuwachs hat der ausscheidende Miterbe vollen Anteil. 

Sollten noch Schulden auf den Grundstücken lasten, werden diese von den positiven Grundstückswerten abgezogen. Es wird also für die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens nur der Nettowert des Gesamthandsvermögens herangezogen.

Ob sich der ausscheidende Miterbe in der Vergangenheit um die Verwaltung des geerbten Immobilienvermögens gekümmert hat oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Sollte es jedoch so sein, dass die Erträge der Immobilien für eine Instandhaltung nicht ausgereicht haben und haben deswegen Teile der Erbengemeinschaft die notwendigen Kosten durch entsprechende Beiträge aus ihrem sonstigen Vermögen finanziert, dann steht diesen Miterben dafür eine Kostenerstattung zu, die sie in Abzug bringen können.

Da solche Kostenerstattungen ohne eine professionelle Buchhaltung über Jahrzehnte hinweg schlecht nachvollziehbar sind, ist mein dringender Rat: lösen Sie jede Erbengemeinschaft so schnell wie möglich auf.

Selbst ein Verkauf der Immobilien und die Aufteilung des Bargelds aus dem Verkaufserlös ist meistens besser als ein jahrelanges Bestehen einer Erbengemeinschaft.